Dr. Hans-Joachim Kurth zur skulpturalen Arbeit von Heinz Stegmaier
Dem Grundsatz verpflichtet, dass Kunst von der Spannung der
Gegensätze lebt,hat Heinz Stegmaier in seiner künstlerischen Entwicklung
als Bildhauer einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt. In früheren Jahren
standen Bilder des weiblichen Körpers monotypisch im Vordergrund.
Sie bewegten und begeisterten, weil es Heinz Stegmaier gelungen war,
die Geschlechtlichkeit zu bannen, ohne die Sinnlichkeit zu tilgen.
Waren diese Skulpturen einer eher sehnsüchtigen Vorstellung nach dem
Schönen verhaftet, so hat er in letzter Zeit die Steinbruch-Romantik,
die mit ihm viele seiner Freunde und Wegbegleiter genossen haben,
mehr und mehr hinter sich gelassen und zu einer für ihn neuen
Sachlichkeit gefunden. Ausgiebige Beschäftigung mit zeitgenössischer
Kunst sowie die Einrichtung eines neuen Ateliers, gepaart mit einer
ausgesprochenen Kommunikationsfreude, haben Kräfte freigesetzt,
die die Ausdrucksstärke und Erkennbarkeit seiner künstlerischen
Handschrift deutlich vorangebracht haben.
Auffällig sind vor allem seine
Kopf-Bilder. Heinz Stegmaier vermag
Skulpturen zu schaffen, die die Kraft haben, sich des Raumes zu
bemächtigen, ihn zu beherrschen, Köpfe auch, die die Rätsel dieser Weh
zu kennen scheinen, ihre Geheimnisse aber nicht preisgeben. Es entsteht
eine Spannung, die nach Auflösung drängt und gerade deshalbfasziniert,
weil es diese Auflösung nicht geben wird und die Spannung
in der Schwebe bleibt.
Heinz Stegmaier ist noch einen Schritt weitergegangen und hat versucht,
die Unvollkommenheit und Enge menschlichen Denkens in künstlerischen
Formulierungen sichtbar zu machen. Er überschreitet damit die Grenze des
bloß Kontemplativen und fordert zum Mitdenken auf.
Dass man dies nicht mit einer abwinkenden Handbewegung abtun,
sondern sich dieser Aufforderung nicht entziehen kann, findet seinen
überzeugenden Grund darin, dass man seinen Arbeiten die Leidenschaft
ansieht, mit der er sie hervorgebracht hat. Einem Missverständnis gilt es
freilich vorzubeugen. Es geht hier nicht darum, über rechtliche oder
philosophische Sachverhake zu belehren. Damit wäre die
Bedeutung von Kunst völlig verkannt. Entscheidend ist, dass es um die
hermeneutische Identität des Kunstwerks geht, dass von dem Werk eine
Forderung ausgeht, die nur von dem eingelöst werden kann, der sie
annimmt und sich der Sprache des Kunstwerks öffnet. In diesem Sinn hat
Heinz Stegmaier Fragestellungen aufgenommen und
ihnen künstlerischenAusdruck verliehen.
In seinen Arbeiten folgt Heinz Stegmaier nicht dem heute vielfach zu
beobachtenden Trend nach Darstellung des Hässlichen. Er hat vielmehr
die Sehnsucht unserer Zeit nach Geborgenheit und Harmonie in eine
verständliche Sprache umgesetzt. Heinz Stegmaier ermöglicht uns in
seinen Skulpturen die Erfahrung des Schönen in dem Bewusstsein unserer
Endlichkeit gegenüber der Transzendenz. Am deutlichsten wird dies in
den Arbeiten, in denen aus dem gebrochenen Stein die Handschrift des
Künstlers erwächst. Dabei zwingt er dem Stein nichts auf, sondern lässt
dem Stein was des Steines ist. Es fasziniert, wenn es Heinz Stegmaier
immer wieder gelingt, die Ausdrucksformen des Steines in sein
künstlerisches Projekt mit einzubeziehen und ihnen ihre eigene naturnahe
Sprache zu belassen und gleichzeitig die Illusion von Wärme und
Weichheit zu erzeugen. Heinz Stegmaier will keine Distanz zu seinen
Arbeiten schaffen. Er möchte vielmehr, dass man sie begreift in des
Wortes doppelter Bedeutung, Kunst als Teil unseres Lebens.
Dr. Hans-Joachim Kurth, Karlsruhe/Rheinstetten
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